Rückblick auf den Aufbruch ins Unbekannte, das nun das Vertraute ist

Sonnenuntergang am Trondheimfjord (Foto: Charleen)
Sonnenuntergang am Trondheimfjord (Foto: Charleen)

Meinen ersten Blogeintrag habe ich mit einer Gedichtzeile von Matthias Claudius beginnen lassen: "Wenn einer eine Reise tut so kann er was erzählen". Nun liegen neun Monate 'Praktikum im Norden' hinter mir und ich stelle fest, dass seine Worte voll ins Schwarze treffen.

 

So viele Erlebnisse und Erfahrungen kommen mir in den Sinn, dass ihnen ein solch kurzer Bericht nur schwerlich gerecht werden kann.

Meine Einsatzstellen

Kloster St. Dominikus in Oslo
Kloster St. Dominikus in Oslo

Von Oktober 2022 bis Ostern 2023 habe ich im Kloster St. Dominikus in Oslo gelebt.

 

Die sieben Brüder der Dominikanerprovinz von Frankreich stammen aus sechs unterschiedlichen Nationen, was auf der einen Seite eine große kulturelle Bereicherung war, auf der anderen Seite aber trotzdem auch einen guten Einblick in die norwegische Kultur gab. 

Garten und Klosterkirche der Dominikaner
Garten und Klosterkirche der Dominikaner

Meine Aufgaben waren vielfältig, neben ein wenig praktischer Hilfe im Kloster nahm mich vor allem die Digitalisierung des Bibliothekskatalogs in Beschlag.

Darüber hinaus konnte ich einen Tag in der Woche in der katholischen 'St. Sunniva skole' im Deutschunterricht der zehnten Klasse helfen und am Religions- und Sportunterricht teilnehmen. Insbesondere in den Wintermonaten (die sich in Norwegen bis Ende April erstrecken) konnte ich außerdem an unterschiedlichen Stellen die Arbeit der Osloer Dompfarrei unterstützen.

Munkeby Mariakloster
Munkeby Mariakloster

Von Ostern 2023 bis Ende Juni stand dann der zweite Teil meines Praktikums und der damit verbundene Stellenwechsel nach Mittelnorwegen an. Meine Stelle hier war das Munkeby Mariakloster, eine Tochtergründung der französischen Trappistenabtei Cîteaux.

 

Drei der vier Brüder stammen aus Frankreich und einer aus Irland, wobei als gemeinsame Sprache Norwegisch gewählt wurde, was mir sehr entgegen kam, da mein Französisch arg eingerostet und mein Irisch nicht vorhanden ist. Pünktlich zu meiner Ankunft war der Klosterneubau fertiggestellt, weshalb die ersten Wochen vor allem vom Möbeltransport und -aufbau geprägt waren. 

Innenraum der Klosterkirche
Innenraum der Klosterkirche

Nach einem erneuten Wintereinbruch Ende April ließ sich der Frühling dann aber nicht mehr unterkriegen und es gab die Möglichkeit zur Gartenarbeit.

 

Darüber hinaus habe ich gemeinsam mit meinem Mentor das Social Media-Konzept des Klosters überarbeitet und bei der Produktion des prämierten klostereigenen Käses geholfen.

Mein Alltag zwischen Arbeit und Freizeit

Das Stundengebet gibt dem klösterlichen Alltag seine Struktur
Das Stundengebet gibt dem klösterlichen Alltag seine Struktur

Einen festen Rhythmus hatte ich in beiden Einsatzstellen kaum, einzig das Morgengebet bildete in beiden Stellen den Tagesanfang. Während sich der Tag in Oslo sehr flexibel gestaltete, war er in Munkeby durch die häufigeren Gebetszeiten viel strukturierter.

 

Neben der Teilnahme an letzteren gab es am Vormittag und Nachmittag jeweils zwei Stunden Arbeit, was auch genug Zeit zur freien Gestaltung ließ. Die Freizeitgestaltung war dabei an den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten orientiert: Während Oslo (gerade im Winter) draußen nicht so viele Attraktionen bietet, habe ich die Möglichkeit genutzt und die vielfältige Museumslandschaft entdeckt. 

Auf den Spuren der norwegischen Polarforscher im Frammuseum
Auf den Spuren der norwegischen Polarforscher im Frammuseum (Foto: privat)

Auch wenn die Museen thematisch ganz unterschiedlich waren, fügte doch jedes einen eigenen Mosaikstein in meinen Gesamteindruck von Norwegen, seinen Menschen und seiner Kultur ein.

 

Munkeby dagegen bestach mit seiner sehr idyllischen Landschaft. Der Ort Munkeby besteht, neben dem Kloster, nur aus einigen weit verstreuten Bauernhöfen mit kaum fünfzig Bewohner:innen, aber dafür mit einer dreistelligen Anzahl Kühen, Schweinen, Ziegen, Schafen und Hühnern. 

Dieser Umstand ließ zwar tolle Wanderungen zu, war aber durch sein großes Maß an Einsamkeit auch herausfordernd.

Der Trondheimer Flusshafen mit seinen markanten Lagerhäusern
Der Trondheimer Flusshafen mit seinen markanten Lagerhäusern (Foto: privat)

An beiden Stellen war es darüber hinaus möglich, zu reisen und dadurch weitere Einblicke in das facettenreiche Land zu gewinnen, als welches Norwegen sich präsentierte. Mit Ausnahme eines Besuches bei den Mitpraktikanten in Bergen standen von Oslo aus Ziele in Südostnorwegen auf dem Programm: Fredrikstad, Lillehammer und Skien. Mit dem Stellenwechsel nach Munkeby kamen noch Ausflüge nach Tautra und Trondheim in Mittelnorwegen hinzu. 

 

Außerdem gab es die Möglichkeit, einen Blick über den Tellerrand in die skandinavische Nachbarschaft zu werfen: Der gemeinsam verbrachte Jahreswechsel einer großen Gruppe von uns Praktikant:innen in Stockholm und der Urlaub in Helsinki und Turku.

Allesamt Orte, an denen ich einen Einblick in einen Teil Europas, der mir bis dahin nahezu unbekannt war, erhalten durfte.

Die Kommunikation

Eine der Herausforderungen eines Freiwilligendienstes im Ausland ist die Sprachbarriere. Mithilfe einer App konnte ich zwar im Vorfeld einzelne norwegische Vokabeln und Phrasen lernen. Für die erste Zeit beschränkte sich mein Wortschatz aber auf Begrüßung und Vorstellung. Dies stellte in der Praxis aber kein Problem dar, weil sich nahezu alle Norweger:innen gut auf Englisch verständigen können.

 

In Oslo hatte ich von November bis Dezember die Möglichkeit, einen Norwegischkurs zu besuchen. Auch wenn ich mich grundsätzlich schwer mit dem Sprachenlernen tue, half die Kombination aus Sprachkurs und dem allgegenwärtigen Hören dabei, bald Fortschritte zu machen und selbst Gespräche auf Norwegisch führen zu können. Gerade diese Erfahrung habe ich als sehr bereichernd wahrgenommen.

Erwartungen und Nachwirkungen

Die neue Domkirche St. Olav in Trondheim
Die neue Domkirche St. Olav in Trondheim

Im Vorfeld meines 'Praktikums im Norden' fiel es mir schwer, konkrete Erwartungen zu formulieren.

Nach meinem Studienabschluss und vor dem Berufseinstieg wollte ich gerne etwas Neues erleben und einen Einblick in das kirchliche Leben in der nordeuropäischen Diaspora gewinnen. Die Unterschiede zur katholischen Kirche in Deutschland hätten kaum größer sein können. Etwa 2,4 % der norwegischen Bevölkerung bekennen sich zur katholischen Kirche, wobei ihre Zahl vor allem durch Zuwanderung aus überwiegend katholisch geprägten Ländern wächst. Dieser Umstand führt zu einer verhältnismäßig jungen und internationalen Kirche, die durch ein großes Maß an Identifikation mit selbiger geprägt ist. Weiterhin zeichnet sie sich durch ihre Treue zur überlieferten kirchlichen Tradition aus, was es schwierig machte, offen über die Reformanliegen des deutschen Synodalen Weges in den Austausch zu kommen.

 

Interessanterweise zeigten sich gerade die älteren Menschen Reformen gegenüber offener als die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich von ihrem Glauben vor allem eindeutige und starre Leitplanken für ihre Meinungsbildung erhofften. In meinen Einsatzstellen fand ich aber stets ein offenes Ohr, um über meine Probleme mit diesem engen Kirchenverständnis zu sprechen. 

Highlight einiger Ausflüge: Boller, unterschiedlich gefüllt und getoppt
Highlight einiger Ausflüge: Boller, unterschiedlich gefüllt und getoppt

Völlig unerwartet traf mich in Norwegen die Esskultur. Der mittägliche 'Lunsj' ist normalerweise kalt und wird während der Arbeit gegessen, wogegen 'Middag' die warme Mahlzeit bezeichnet, aber erst nach der Arbeit, also am Nachmittag zu sich genommen wird. Beim Essen zeigte sich in besonderer Weise die geographische und kulturelle Prägung Norwegens: Während Fleisch und Fisch vergleichsweise günstig sind und somit häufig auf den Tisch kommen, sind Obst und Gemüse teuer und daher nicht so oft vertreten. Eine besondere Rolle kommt bei den Backwaren vor allem den süßen Vertretern zu: 'Kanel- und Teaterboller' (im weitesten Sinne Zimtbrötchen), gefüllte oder getoppte Boller (süße Brötchen) und schließlich die traditionellen 'Fastelavnsboller' am Vorabend zur Fastenzeit. Auch wenn sie natürlich immer etwas unterschiedlich sind von Bäckerei zu Bäckerei so eint sie doch ihr hervorragender Geschmack, den ich seit meiner Rückkehr schmerzlich vermisse.

Was bleibt nach neun Monaten in Norwegen? Die Erkenntnis, dass auch in anderen Ländern nicht alles perfekt läuft. Dass der Bahnverkehr in Norwegen zwar stellenweise frustrierend ist, aber zumindest die Möglichkeit bietet, weite Teile des Landes zu bereisen. Dass es in Ordnung ist, nicht das gesamte Land erkundet zu haben, sondern auch noch Ziele für weitere Besuche offen sind. Dass es möglich ist, in einem Land zu leben, dessen Sprache man zu Beginn nicht kann. Dass ich bei aller Langsamkeit doch dankbar für die Aufbrüche in der deutschen katholischen Kirche sein kann. Die Einsicht, dass das Wohnen in der mittelnorwegischen Einsamkeit für mich keine Zukunftsperspektive hat.

 

Das Eingestehen, dass mich das Praktikum stellenweise an meine Grenzen geführt hat, aber ich es trotzdem auch geschafft habe, meinen inneren Schweinehund zu besiegen und beispielsweise im Fjord Eisbaden zu gehen. So ist es am Ende wohl eine Mischung aus persönlichem Wachsen, Erkenntnisgewinn und tollen Erfahrungen, die meine Zeit geprägt haben.

 

Vis es og ha det godt, Norge!

 

Mathis

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