Warum wir am 6. Tag nur 3 ½ Stunden liefen

Nachdem wir am Donnerstagmorgen zwei Stunden nur gelaufen waren, beschlossen wir die erste Pause einzulegen und setzten uns dazu in die Blaubeerbüsche des Waldes, in dem wir gerade wanderten. Felix trank den letzten Schluck Wasser, den wir noch hatten, mit den Worten: „Im nächsten Hof wird aufgefüllt.“
Diesen Hof erreichten wir 1 ½ Stunden später. Schnell holten wir unsere Flaschen aus den Rucksäcken und klingelten an der hölzernen Tür des großen Bauernhofes. Eine etwas stämmige, aber wirklich nett aussehende Dame öffnete und Felix begann auf Englisch nach Wasser zu fragen. Während die Frau begann auf Englisch zu antworten, trat ein Hund mittlerer Größe neben sie und begann laut zu bellen. „Aus!“, forderte die Frau von dem Hund und während Felix und ich gar nicht genauer darüber nachdachten, was die Bäuerin da eben gesagt hatte, fragte Felicia ganz überrascht: „Sprechen sie Deutsch?“
„Ach, ihr seid aus Deutschland? Dann brauche ich ja gar nicht erst mit meinem schlechten Englisch anzufangen“, antwortete die Frau und lachte. „Ja wir haben Wasser“, fuhr sie fort: „Allerdings müsst ihr dazu in unsere Pilgerherberge gehen, denn unser Wasser hier oben ist viel zu eisenhaltig, das geben wir nicht mal den Tieren. Aber unten an der Herberge gibt es Quellwasser, das ganz süß und kühl ist. Geht einfach den Weg da hoch und ihr seid da.“ Sie sagte dies, zeigte mit dem Finger in die Richtung, in die wir zu gehen hatten und lächelte; „Bleibt solang ihr wollt.“

Wenig später fanden wir die Herberge zu der uns die Frau geschickt hatte und lernten auf dem Weg dorthin auch noch ihren Mann Manfred kennen. Die nette Bäuerin hieß übrigens Sandra.
Als wir uns in den Garten vor der Herberge setzten, um zu rasten, wurde uns gleich klar, wie schön es dort doch war und schnell war auch beschlossen, dass wir uns in dem kleinen Haus, das Pilger beherbergt, einmal umsehen müssten. So kam es, dass Felicia und ich es eiligst betraten und zuerst einmal in jeden Raum schauten. Mann, war es gemütlich da! :)

Es gab eine große Küche, tolle Schlafzimmer und ein total gemütliches Wohnzimmer mit Kamin. Als wir die Nudeln im Küchenschrank fanden, dachten Felicia und ich plötzlich an dasselbe. „Glaubst du, wir können uns die kochen?“, fragte sie mich und ich antwortete nur, dass ich es nicht wüsste, aber das man ja mal fragen könne.
Tatsächlich standen wir auch kurze Zeit später vor Manfred, der Manni genannt werden wollte und gerade mit dem Traktor über das Feld fuhr, und fragten ihn, ob wir uns eben diese Nudeln machen könnten. Er bejahte dies, bat uns aber als Gegenleistung etwas in die kleine Spendenbox neben der Eingangstür zu tun, denn wir Deutschen wüssten ja wie teuer Norwegen sei.

Diese Schlucht soll der Heilige Olav mit eigenen Händen in den Fels geschlagen haben, um sein Schiff auf die andere Seite zu bringen.
Diese Schlucht soll der Heilige Olav mit eigenen Händen in den Fels geschlagen haben, um sein Schiff auf die andere Seite zu bringen.

So kam es, dass aus der geplanten zehn minütigen Pause eine zwei Stunden lange Mittagspause wurde, in der wir uns noch einmal so richtig satt aßen. Nachdem wir die Nudeln mitsamt des leckeren grünen Kräuterpestos verspeist hatten, sagte Felix den Satz, der unsere kurze Wanderung an jenem Tag erklärt: „Leute?! Hier ist es so schön,... Wir bleiben hier :)!“
So kam es, dass wir blieben und den schönen Tag genossen. Später kam dann auch noch das deutsche Pärchen zu Besuch und wir hatten ein tolles Gespräch, in dem wir viel über Norwegen erfuhren und, dass die beiden aus Hamburg und Kiel waren. Tatsächlich bestätigten sie uns auch, dass Norwegen ein sehr teures Land ist und sie als Deutsche auch jedes Jahr mehrere Male in ihr Heimatland fahren müssten, um dort einen Vorrat einzukaufen, denn Norwegen sei für Ausländer wirklich unbezahlbar.
Nach einigen Erzählungen, in denen wir auch von unseren Erlebnissen der letzten Tage berichteten, verabschiedeten sich Sandra, die übrigens Reiki Meisterin war, und Manni von uns, weil sie einkaufen mussten. Zuvor fragten sie noch, ob sie uns etwas mitbringen sollen und wir nahmen dieses Angebot dankend an, indem wir einen Laib Brot erbaten. Neben den Nudeln fanden wir nach einiger Zeit auch noch viele andere leckere Lebensmittel von denen das Bauernpärchen uns gesagt hatte, das dies für die Pilger sei. Vor allem begeisterten uns die Schokocreme und die karamellisierten Sonnenblumenkerne. Gott, waren die gut!!!

Als die beiden Deutschen zurückkamen, gaben sie uns das Brot und schenkten uns sogar noch eine Tafel Schokolade! Wir lagen fast auf den Knien vor Dankbarkeit, denn das war an jenem Tag genau das, was wir brauchten. Schließlich stellte Felicia die Frage, die sie schon die ganze Woche einen Norweger fragen wollte: „Wir wollen ein bisschen Norwegisch Lernen und ich weiß aus Erfahrung, dass das am besten mit Kinderliedern geht. Kennen Sie eines auf Norwegisch? Das wäre echt klasse!“ Sandra war ganz positiv überrascht und bejahte Felicias Frage gleich, woraufhin wir das folgende kleine Lied lernten.

Bæ Bæ lille Lamm
 
Bæ Bæ lille Lamm,
har du noe ull.

Ja Ja kjære Barn,
jag har Kroppen full.

Søndagsklær til Far
og Søndagsklær til Mur

og to par Strømpe til lille lille Bror.

Und jetzt auf Deutsch:

Ba Ba kleines Lamm,
hast du ein bisschen Wolle?

Ja Ja liebes Kind,
ich hab den ganzen Körper voll.

Einen Sonntagsanzug für den Vater,
und ein Sonntagskleid für die Mutter

und zwei Paar Strümpfe für den kleinen kleinen Bruder.

Davon haben wir noch immer einen Ohrwurm :)


Wir schliefen die Nacht und frühstückten am nächsten Morgen richtig gut und, nachdem wir unsere Rucksäcke gepackt hatten, begonnen wir den Marsch, der uns alles abverlangte. Denn wir liefen am 7. Tag unserer Reise 50km. 50km bis Hamar. Doch davon möchte ich ein andermal berichten.


Viele Grüße auch von Felicia und Felix.

Alles Liebe,

Konrad


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Kommentare: 2
  • #1

    Matthias (Dienstag, 28 Juli 2015 10:37)

    Der Hut ist ja wieder im Bild? Ist er zurückgekehrt?

  • #2

    Konrad (Mittwoch, 05 August 2015 20:07)

    Nein leider nicht. Aber wir fragen alle Pilger, die uns begegnen oder überholen, ob sie ihn vielleicht gesehen oder gefunden haben.

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