Einer der wohl schönsten Orte der Erde - Tag 15

Wir waren früh aufgestanden, denn wir hatten beschlossen mit Ahrild 40 Kilometer an jenem Freitag zu laufen. Unser Ziel war das Dale Gudbrands Gård, doch wir sollten bei weitem nicht so viel laufen. Wir starten ohne Mariel, denn sie wollte noch etwas schlafen und dann allein gehen.
Stunden über Stunden liefen wir durch das Dale Gudbrandstal und erklommen Berg um Berg, bis wir unter uns die kleine Stadt Fåvang erblickten in deren Innenstadt wir rasten wollten und dazu den Olavsweg verließen. Außerdem brauchten wir Gas, denn die zwei Kartuschen, die wir uns in Trondheim gekauft hatten waren leer und wir brauchten dringend neue für die Überwanderung des Dovre Fjells. Wir wanderten einen Umweg von zwei Kilometern, um in die Stadt zu gelangen und zu unserer Überraschung hatte sie tatsächlich einen kleinen Sportshop, obwohl dies wahrscheinlich gar nicht so verwunderlich war, denn wie wir später feststellen sollten, hatte in Norwegen jedes größere Dorf einen Sportshop.
Verschwitzt kamen wir in das kleine Fåvang und stellten fest, dass das Örtchen aussah wie eine amerikanisches Highway Stadt. Vor dem Sportshop stand eine Bank, die auch gleichzeitig gegenüber des Supermarktes stand und jetzt ratet mal wer darauf saß und verzweifelt auf die Karte schaute, richtig, Tiziana. Wir sahen sie und begrüßten sie überglücklich, doch sie war gar nicht so glücklich, gleichwohl berichtete sie ganz aufgewühlt, sie habe den Weg verloren und sei seit zwei Stunden nur auf den Autostraßen unterwegs. Doch dann lächelte auch sie und schlug vor mit uns die Mittagspause zu machen und nach einer Lösung zu suchen.
Wir aßen Kekse, Bananen, Schokolade, Brot, Salami und Käse an jenem Nachmittag. Außerdem kauften wir neues Gas und ließen uns den Weg zurück zum Pilgerpfad beschreiben. So kam es, dass wir in Fåvang eine echt schöne Mittagspause hatten und sie genossen, denn wir waren glücklich so viele nette Menschen um uns zu haben. Für Tiziana war die Wanderung in Fåvang schon vorbei, denn sie hatte ein Bett in einer naheliegenden Herberge gemietet. Deshalb mussten wir uns trennen und bis auf weiteres Lebewohl sagen.

Während Tiziana zu ihrer Herberge ging, folgten wir dem Olavsweg noch für weitere acht Kilometer, bis wir kurz vor der Ringebu Kirche waren. Ja eigentlich wollten wir die 40 Kilometer bis zu Dalegutbrands Gård laufen, aber es sollte anders kommen. Als wir nämlich gerade den nächsten Berg erklommen hatten, stießen wir auf einen Ort, der jeden anderen in seiner Schönheit übertraf und uns mit einem atemberaubenden Blick verzauberte. Tief blickten wir ins Tal hinab, während hinter uns die Tannen rauschten. Erst jetzt sahen wir die kleine Pilgerhütte und die Feuerstelle davor.

Am Anfang setzten wir uns nur um ein bisschen Pause zu machen, doch dann gefiel es uns so gut, dass wir blieben und unseren Tagesmarsch beendeten. Überglücklich waren wir über den tollen Ausblick und schnell hatte Felix auch ein Feuer angemacht, doch es gab ein Problem. Wir hatten kein Wasser. So kam es, dass Felicia und ich in der näheren Umgebung nach Bächen oder Quellen suchten, doch keine fanden. Während wir so suchten, kamen wir auf die Idee an irgendeinem Haus zu klingeln und dort nach einem Eimer Wasser zu fragen, woraufhin wir auch alsbald an einem standen und klingelten. Auf machte ein alter Bauer, der E-Gitarre zu spielen schien, denn man sah hinter ihm das Musikzimmer, in dem viele dieser Instrumente standen. Leider konnte der Mann nicht allzu gut Englisch, weshalb wir mittels Zeichensprache nach Wasser fragen mussten. Nach einigen Anstrengungen der Verständigung wegen, standen wir mit einem vollen Eimer Wasser wieder vor der Gartenpforte des Bauernhofes und Felicia schien auf eine Idee gekommen zu sein, denn sie lächelte verschmitzt und fragte mich, ob ich es für möglich hielte, hier irgendwo Mehl herzubekommen. Ich bejahte und zeigte dabei auf das Dorf, das nicht weit unter unseren Füßen lag. Ich fragte, wofür sie dies brauche, doch ich erntete nur einen geheimnisvollen Blick. Sie fragte mich, ob ich wohl einmal nach Mehl fragen könne, während sie den Eimer zu der Hütte zurück trüge. Ich willigte ein und klingelte am erst besten Haus. Geöffnet wurde mir von einer nett wirkenden Dame Mitte 50 die mich freundlich auf Norwegisch begrüßte und nach meinem Anliegen fragte. Dass sie das gesagt hat weiß ich nur, weil sie es noch einmal auf Englisch übersetzt hat, nachdem ich sagte, dass ich ein Pilger aus Deutschland war.

Das Mehl bekam ich tatsächlich, sogar zwei Kilo. Zwei Kilo, die in Deutschland sicher nicht mehr als zwei Euro gekostet hätten, hier in Norwegen aber teilweise für über vier Euro verkauft wurden. So war ich dankbar über das Geschenk, bedankte mich auf Norwegisch (Tusen takk) und eilte den Berg wieder hinauf, zurück zu unserem Lagerplatz, denn ich wollte endlich wissen, was Felicia mit dem Mehl vorhatte.
Oben angekommen brannte das Feuer schon richtig gut und Ahrild, Felicia und Felix saßen um es herum und sangen alte Pfadfinderlieder aus Deutschland. Als ich das Mehl hochhielt, um meine Beute zu feiern sprang Felicia überglücklich auf, nahm es mir aus der Hand und sagte, dass wir nun Fladenbrot machen könnten. Ich war mir nicht ganz sicher, wie das gehen sollte, denn ich wusste nicht, dass man für Fladenbrot nur Wasser und Mehl braucht. Am Ende wurde es dann übrigens doch kein Fladenbrot, sondern Stockbrot und das vom aller feinsten. Die Nacht war übrigens ebenso herrlich, wie Aussicht und Stockbrot. Wir hatten unsere Isomatten in die Hütte gelegt und es uns richtig bequem gemacht. Außerdem wurde es zu unserer Überraschung auch gar nicht richtig kalt und so konnten wir schlafen wie in einem richtigen Bett.
Am nächsten Morgen gab es wieder Stockbrot und wir schafften es tatsächlich noch das zweiten Kilo Mehl zu verbrauchen, während Ahrild uns Geschichten über seine Fahrten nach Afrika erzählte, in denen es einmal darum ging, dass ein afrikanischer Reiseführer, mit dem Ahrild jedes Jahr auf den Kilemanjaro steigt, immer einen Regenschirm dabei hat und kein Regencape für Körper oder Rucksack. Seit dem hat auch er immer einen Regenschirm dabei der ihn vor plötzlichen Sturzregenfällen schützt.
Los gingen wir gegen 10 Uhr und das erste, was wir beim Abstieg sahen, war die blutrote und wunderschöne Ringebu Kirche, die geheimnisvoll in der Morgensonne glänzte. Doch was dort geschah möchte ich ein Andermal berichten und so sage ich wieder viele Grüße aus Norwegen von Felicia Felix und mir.


Alles Liebe,
Konrad


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