Ein Jahr voller Marmeladenglasmomenten

Merrit (r.) hat mit ihrer Mitpraktikantin Sophia 10 Monate in Estland gelebt.
Merrit (r.) hat mit ihrer Mitpraktikantin Sophia 10 Monate in Estland gelebt.

"Estland?! Weiter weg geht es wohl nicht!" sagte eine Frau, der ich erzählte, dass ich zehn Monate in Tartu, Estland verbringen würde. Und genauso fühlte es sich an. Klar, ich wusste in etwa wo Estland liegt und nachdem ich den Flug gebucht hatte auch, dass es tatsächlich nur 2 ½ Flugstunden von Deutschland entfernt war, rein gedanklich konnte mein Zielland allerdings nicht weiter entfernt sein. 

Ein Land, das im Osten Europas liegt, das mal zur Sowjetunion gehörte und das Teil des Baltikums ist. Viel mehr wusste ich bis dato nicht.

Meine Großtante schenkte mir dann zur Vorbereitung auf meine aufregende Zeit in Tartu einen Bildband der Stadt, den sie vor Jahrzehnten geschenkt bekommen hatte. Wie sich nachher herausstellte - nicht die beste Idee. Die Bilder waren schwarzweiß und zeigten Tartu als eine triste, heruntergekommene Stadt. Alles andere als das, was ich mir für mein Jahr nach dem Abitur vorgestellt hatte. Typisch Ostblock, dachte ich, das kann ja was werden…

Die Bilder waren aufgenommen worden, kurz nachdem Estland unabhängig geworden war, denn Tartu ist alles, aber nicht das, was in diesem Bildband dargestellt wurde. 

Angekommen in Estland

Jetzt, 31 Jahre nachdem Estland von der Sowjetunion unabhängig wurde, zeigte sich mir Tartu als eine von Leben erfüllte Studentenstadt, mit vielen jungen Menschen aus der ganzen Welt, die alle sehr herzlich und offen waren. Mit den wunderschönen und charmevollen Holzhäuser, dem tollen Rathausplatz, dem Fluss, den vielen Parks, Cafés und Restaurants, dem Strand im Sommer, der Langlaufstrecke im Winter und noch so vielem mehr, war und bin ich immer noch hell auf begeistert. Die beste Voraussetzung, für ein richtig tolles Jahr im Ausland. 

Arbeit im Katholischen Bildungszentrum

Nicht nur in der Stadt, sondern auch in meiner Einsatzstelle fühlte ich mich sehr wohl. Ich arbeitete im katholischen Bildungszentrum, dem "Tartu Katoliku Hariduskeskus", zu dem eine Grundschule (1.-9. Klasse), ein Gymnasium (10.-12. Klasse) und ein Kindergarten gehört. Mit meiner Mitpraktikanten Sophia erledigte ich alle möglichen Aufgaben, die so anstanden. Von kopieren und laminieren, über AG-Vorbereitung, bis hin zum eigenständigen Unterrichten, falls die Deutschlehrerinnen mal vertreten werden mussten, war alles dabei. Die meiste Zeit halfen wir allerdings im Deutschunterricht mit und nahmen uns den Schülern*innen an, die nicht so gut im Unterricht mitkamen und Unterstützung brauchten.

Außerdem arbeitete ich jeden Freitag im Kindergarten, was eine gelungene Abwechslung zum Schulalltag war. 

Die Herausforderung hier war, dass die Kindergartenkinder im Gegensatz zu den Schulkindern kein Englisch sprechen und mein Estnisch leider nicht ausreichte, um problemlos mit den Kindern zu kommunizieren. "Sprichst du Estnisch?" fragte mich das ein oder andere Kind. Ich versuchte so gut wie möglich zu erklären, wo ich herkomme und dass ich Estnisch gerade lerne, die Sprache aber noch nicht gut kann. Die Kinder nahmen es zur Kenntnis, allerdings kümmerte sie das recht wenig und sie erzählten mir jede Menge Geschichten- natürlich auf Estnisch.

Ich verstand anfangs ziemlich wenig, aber es war eine tolle Möglichkeit mehr estnische Vokabeln zu lernen und das, was ich im Estnisch Kurs gelernt hatte anzuwenden und siehe da, am Ende fiel mir das Antworten zwar oft noch ein bisschen schwer, aber verstanden habe ich vieles.

Ich habe sehr gerne im katholischen Bildungszentrum gearbeitet, was zum einen daran liegt, dass ich gerne mit Kindern arbeite und zum anderen mit Sicherheit auch daran, dass ich mich bei meiner Mentorin Heidi direkt wohl und willkommen gefühlt habe. 

Freundschaften fürs Leben

Neben meiner Mentorin half mir auch die ehemalige PIN-Praktikantin Alex beim Einleben. Sie zeigte mir die Stadt, Cafés und Restaurants, in denen man mal gewesen sein sollte und informierte mich über Veranstaltungen, Feste, Konzerte, die so anstanden - und in Tartu ist echt viel los. 

Sie war letztendlich auch diejenige, die mich gefragt hat, ob ich nicht zu ihrem Theater-Projekt kommen wollte. Ich kam und die Theaterstunde im Deutschen Kultur Institut wurde zum festen Bestandteil meiner Woche. Gemeinsam stellten wir, eine kleine Gruppe aus Deutsch-Muttersprachlern und Esten, spielerisch ein deutsch-estnisches Stück auf die Beine, das wir im März aufführten.  So lernte ich andere Menschen kennen, die entweder auch einen Auslandsaufenthalt in Estland machten, oder waschechte Esten waren. 

Merrit und Sophia (v.l.) gemeinsam unterwegs.
Merrit und Sophia (v.l.) gemeinsam unterwegs.

Die meiste Zeit verbrachte ich allerdings mit meiner Mitpraktikantin Sophia. Wir lebten zusammen in einer Wohnung, wir arbeiteten zusammen und unternahmen in unserer Freizeit die meisten Dinge zusammen. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden. Es war ein großes Glück, dass ich mit Sophia eine Mitpraktikantin hatte, mit der ich alles Teilen konnte und ich denke, die gemeinsame Zeit in Estland, die gemeinsamen Erlebnisse und Erfahrung werden uns für immer verbinden.  

Mit ihr gemeinsam habe ich nicht nur das wunderschöne Estland, mit all den tollen Städten und der schönen Natur erkundet, sondern wir haben auch die Gelegenheit genutzt, um den gesamten Norden Europas besser kennenzulernen.

So besuchten wir viele unserer Mitpraktikanten in ihren Einsatzstellen und einige der Praktikanten kamen auch zu uns nach Estland. Es war immer toll zu merken, dass obwohl wir uns vorher vielleicht erst ein oder zwei Mal persönlich gesehen hatten, wir uns super verstanden und eine tolle Zeit zusammen verbrachten. Silvester, das wir mit den Norwegen-Praktikanten und sämtlichen Schweden-Praktikanten aus verschiedenen Einsatzstellen in Stockholm verbrachten, wird mir immer in Erinnerung bleiben. 

Zusammenfassung

Merrit an einem estnischen Feiertag.
Merrit an einem estnischen Feiertag.

Das Reisen hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich habe jede Minute davon genossen, mindestens genauso sehr habe ich aber natürlich die Zeit in meinem Einsatzland wertgeschätzt und fand es toll, die estnische Kultur kennenzulernen.

Besonders an estnischen Feiertagen hat man den Patriotismus der Esten deutlich gespürt: Estland Flaggen wurden gehisst, Menschen in Tracht, estnische Volkstänze- und Lieder aufgeführt und gesungen. Die Stimmung war ausgelassen und es machte mich sehr glücklich, wenigstens ansatzweise ein Teil des Ganzen zu sein. 

In dem Buch "Die Wilden Hühner auf Klassenfahrt" sagt Frieda "Wisst ihr, was ich mir manchmal vorstelle? Dass man so eine schöne Zeit einfach in ein Marmeladenglas stecken könnte. Und wenn man unglücklich ist, dreht man einfach den Deckel auf und schnuppert ein bisschen dran."

 

Mein Jahr in Estland ist voll von diesen Marmeladenglasmomenten. Alle Reisen und Ausflüge, das "Katoliku Hariduskeskus", allen Menschen denen ich so begegnet bin, die Zeit in Tartu und Estland einfach an sich. Momente, an die ich mich immer wieder gerne zurück erinnern werde und sofort lächeln muss vor Glück. 

 

Merrit

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