9 Monate zum Verlieben in ein neues Land - Mein Abschlussbericht

Jana hat 9 Monate in Vadstena gelebt.
Jana hat 9 Monate in Vadstena gelebt.

Der Abschied von den Schwestern und den ganzen lieben Menschen in Vadstena ist mir ziemlich schwer gefallen. Bibbi, die uns bei unserer Arbeit privat immer unterstützt hat und sich rührend um uns gekümmert hat, Schwester Monika, unsere Mentorin aber auch Freundin oder Ersatzmutter und Pater Peter, der Pfarrer, mit dem man immer lustige aber auch ernste Gespräche führen konnte. Sie alle und die Volontärinnen, die noch da oder zu Besuch waren haben mich zusammen mit Emily um 5:30 Uhr morgens an unserem Abreisetag verabschiedet. Schon das zeigt mir, dass auch ich ihnen etwas bedeutet habe, genau wie alle diese Menschen mir sehr viel bedeuten und mir den Abschied damit so schwer gemacht haben. 

So ganz realisiert, dass meine lange Zeit dort jetzt zu Ende ist, habe ich es immer noch nicht, ich könnte ja auch wie an Weihnachten einfach "Urlaub" zu Hause machen und nächste Woche wieder zurück in mein anderes Zuhause, nach Vadstena, fahren. Und doch ist zu Hause in Deutschland schon fast wieder alles normal. Genau so war es auch in Schweden, die Zeit verging zeitgleich so schnell und andererseits ist so unfassbar viel passiert. Das Zeitgefühl habe ich dabei ein bisschen verloren.

Arbeit und Fika

Die Schwestern aus Vadstena mit den Freiwilligen.
Die Schwestern aus Vadstena mit den Freiwilligen.

Meine Einsatzstelle in meiner Zeit in Schweden war das Gästehaus des Birgittenklosters. Das Gästehaus wird ganz von den Schwestern und Ehrenamtlichen selbst geführt und so waren auch unsere Aufgaben sehr vielseitig. Morgens mussten wir das Frühstück für die Gäste vorbereiten und danach wegräumen. Danach mussten meistens die Zimmer oder andere Teile des großen Hauses geputzt werden. Aber an (fast) jedem Arbeitstag durfte die "Fika" nicht fehlen. 

Um 10:30 Uhr haben wir alle, die gerade im Gästehaus tätig waren, uns zu Kaffee und manchmal auch Gebäck versammelt und erstmal eine kleine Pause eingelegt. Die "Fika" war auch immer die Zeit des Austauschs. Natürlich haben wir uns unterhalten, was noch gearbeitet werden musste, aber darüber hinaus haben wir auch etliche ausschweifende Unterhaltungen geführt. Nach der "Fika" haben wir dann die Arbeit fortgeführt und irgendwann angefangen, das Mittagessen für uns und die, die sonst noch mitessen wollten, zu kochen. Nach dem Mittagessen und Aufräumen hatten wir meistens schon Feierabend. 

Die Arbeit im Haus konnten wir vor allem zum Ende hin ziemlich selbstständig ausführen. Uns wurde ein enormes Vertrauen entgegengebracht, sodass wir uns die Arbeit selbst einteilen konnten. Besonders gefallen hat mir, dass wir jeden Tag abwechslungsreich gekocht haben und uns immer die Rezepte selbst aussuchen konnten. 

Fürs Leben gelernt

Neben den typischen Arbeitstagen waren wir sonntags und an Feiertagen für das Kirchenkaffee zuständig und haben nach der Messe Kaffee und Kuchen an die Gottesdienstteilnehmer verteilt. Auch das "Kyrkkaffe" (schwedisch für Kirchenkaffee) war immer eine Möglichkeit, Leute aus der Gemeinde kennenzulernen und sich mit diesen zu unterhalten. Dann gab es auch noch ein paar einmalige Aufgaben für uns, zum Beispiel haben wir an einer Beerdigung den ganzen Abend gekellnert, was mir erstaunlich viel Spaß bereitet hat. Zusätzlich haben wir noch angefangen, die Bibliothek der Schwestern zu digitalisieren.

Insgesamt war die Arbeit trotz ihrer Einfachheit nie langweilig und ich habe in einigen Punkten viel dazu gelernt, was sicherlich sehr sinnvoll für mein Leben sein wird.

Freizeit in der schönsten Stadt

Nach unserer Arbeit und an unseren freien Tagen haben wir sehr viel Zeit in der Natur bei Spaziergängen, Wanderungen oder manchmal Fahrradtouren verbracht. Wir haben einiges in der Umgebung von Vadstena gezeigt bekommen oder auf eigene Faust erkundet. In besonders guter Erinnerung bleibt mir eine Nacht, die wir zu dritt in einem Zelt im schwedischen Wald verbracht haben, und unser Ausflug in die Astrid-Lindgren-Welt in Vimmerby.

Hobbies in Vadstena und Umgebung

Jana (l.) und weitere Mitglieder des Orchesters bei einem Auftritt.
Jana (l.) und weitere Mitglieder des Orchesters bei einem Auftritt.

Da wir alle sehr viel Freizeit hatten, habe ich mir einige Hobbys gesucht. Jeden Mittwoch bin ich mit dem Bus nach Motala gefahren, um in einem Blasorchester mit meiner Querflöte mitzuspielen. Dank des Orchesters habe ich auch noch einige schwedische Traditionen wie die Nationaltagsfeier am 6. Juni oder den Studentenmarsch der Abiturient*innen kennengelernt. Zu Beginn meiner Zeit habe ich im örtlichen Fitnessstudio an einem Yogakurs teilgenommen und im März haben wir zu dritt mit der Selbstverteidigungssportart Ju-jutsu angefangen. In jedem Verein habe ich mich sehr willkommen gefühlt und es war eine gute Möglichkeit, schwedische Leute außerhalb der Kirche kennenzulernen. Mit Monika zusammen war ich auch im Gospelchor der schwedischen Kirche. Im März hatten wir mit diesem ein großes Konzert und ein paar Mal haben wir mit dem Chor in der schwedischen Messe gesungen. 

Die Kirche in Schweden

Ich könnte jetzt wie jeder die Unterschiede der katholischen Kirche in Schweden zu der in Deutschland aufzählen. Allerdings fallen mir da in Vadstena gar nicht viele auf. Versteht mich nicht falsch, ich habe mich sehr wohl gefühlt in der Gemeinde, aber mir erschien alles sehr ähnlich zu meiner Heimatgemeinde in Deutschland. Außer natürlich, dass die Messen auf Schwedisch gehalten werden. Es heißt oft, die katholische Kirche in Schweden sei jünger, konservativer und internationaler, als die deutsche. Das mag auf manche Gemeinden zutreffen, meiner Meinung nach aber nicht auf die in Vadstena. Ich habe die Schwestern sowie große Teile der Gemeinde liberal und sehr herzlich erlebt, der Altersdurchschnitt lag aber wie in Deutschland nicht so besonders niedrig. Gerade aber wegen der wenigen Unterschiede habe ich mich wohl gefühlt.

Die schwedische Kirche dagegen hat mich sehr überrascht. Das ist eine lutherische, also eigentlich evangelische Kirche. Dank des Chores hatte ich mehrmals die Möglichkeit, in die evangelische Messe zu gehen. Diese war aber ganz anders, als ein evangelischer Gottesdienst in Deutschland. Mir hat besonders die Stimmung gefallen. Auch wenn auch dort die Bankreihen nicht komplett gefüllt waren, war der Gottesdienst lebendig. Es ist schwer zu beschreiben, aber ich kann es nur empfehlen, mal zu erleben. Am besten war der Ostergottesdienst, in dem ich auch mit dem Chor gesungen habe.

Über Reisen und Besuche

Neben Ausflügen in Östergötland, Vadstenas Län (eine Art Bundesland) hatte ich auch zahlreiche Möglichkeiten, ganz Schweden zu erkunden. Dank der guten Vernetzung unter uns Praktikant*innen habe ich Uppsala, Stockholm und Rättvik besucht. Sehr schön war auch unsere gemeinsame Silvesterfeier in Stockholm, bei der die Gruppendynamik einfach gestimmt hat. Wir hatten im Winter ein Praktikant*innen-Wochenende in Marieudd, einem typischen Schwedenhaus, und der beste Abschluss, den ich mir für meine Zeit vorstellen kann, war unsere Midsommar-Feier bei uns in Vadstena. Midsommar ist in Schweden ein wichtiges Familienfest, bei dem mit Blumen, Gesang, Essen und Spaß einfach der Sommer und die lange Helligkeit gefeiert wird. Einige Praktikant*innen, sogar welche, die eigentlich schon wieder in Deutschland waren, kamen zu uns nach Vadstena und wir hatten eine tolle Zeit zusammen. An diesem Wochenende konnte man abends lange am See sitzen und sehen (oder eben nicht sehen) wie es nicht richtig dunkel wurde, sondern die ganze Nacht orange war und wir konnten sogar baden, ohne zu frieren. Es war wie gesagt das perfekte Abschlusswochenende.

Einige andere Reisen habe ich mit meinen Mitpraktikantinnen gemacht. Mit den Mädels aus Uppsala hatten wir eine tolle Reise nach Schwedisch Lappland und zu dritt haben wir einen Kurzurlaub in Göteborg gemacht. Zusammen mit Martha habe ich relativ zu Ende meiner Zeit noch ein paar schöne Tage in Lund verbracht. Außerdem hatte ich dreimal Besuch von Zuhause, was auch immer sehr schön war. Über Ostern war meine Familie in Vadstena, was sehr schön war. Zusammen mit dieser habe ich danach noch Urlaub auf Öland, einer unfassbar schönen Insel, gemacht. Nachdem meine Eltern und meine Schwester wieder zurück nach Deutschland gefahren sind, war das einzige Mal, dass ich sie vermisst habe. Das war kein Heimweh, denn ich wollte ja unbedingt in Vadstena bleiben, aber es war so schön, das tolle Umfeld in Vadstena und gleichzeitig meine Familie zu haben. Aber auch dieses Gefühl ging schnell vorbei, weil ich mich schon auf den Besuch einer Freundin freuen konnte, mit der ich auch viele schöne Sachen erlebt habe. 

Eine prägende Zeit

Ich hatte nicht wirklich Erwartungen an meinen Auslandsaufenthalt, also konnten diese auch nicht übertroffen werden. Ich habe sehr viele neue Freundschaften geknüpft und eine neue "Familie" bekommen. Ich bin spontaner geworden und "entspannter" beim Reisen. Dank allen Menschen, besonders unserer Schwedischlehrerin Lillemo, die uns größtenteils mit Ausflügen und Gesprächen die Sprache näher gebracht hat und gleichzeitig auch eine wichtige Bezugsperson war, kann ich mich jetzt auf Schwedisch unterhalten. Ich persönlich habe gelernt, noch selbstständiger zu werden. Dass wir uns zu dritt privat aber auch bei der Arbeit und beim Zusammenleben absprechen mussten, war nicht immer ganz einfach, hat aber doch ziemlich gut funktioniert. 

Es war natürlich nicht alles perfekt, aber das Positive überwiegt bei Weitem. Dennoch gab es im Winter eine Zeit, in der wir wegen Corona kaum Arbeit hatten und auch sonst nicht viel machen konnten. Manchmal wusste ich da nicht, wie ich mir die Zeit, vor allem im Dunkeln vertreiben soll und außerdem waren wir selbst in Corona-Quarantäne. Krank sein, ohne Eltern, die natürlich "immer" eine Lösung wissen, ist neu für mich gewesen und ich war sehr froh, dass wir uns drei hatten. Dennoch war auch die Winterzeit schön und nicht deprimierend, wie ich vorher so oft zu hören bekommen hatte. Wegen Sprachbarrieren, Corona-Angst anderer Menschen und einfach, weil wir uns mögen, haben wir sehr viel Zeit zu dritt verbracht. Das war auch immer schön, aber ich habe wenige Erfahrungen für mich alleine gemacht. Im Nachhinein hätte ich mir davon vielleicht mehr gewünscht.

Insgesamt bin ich aber allen Menschen so dankbar, dass sie meine Zeit zu der gemacht haben, die immer sehr schön in meiner Erinnerung bleiben wird. Und ich habe mich verliebt, in Vadstena mit seinen süßen Häusern und dem See und in ganz Schweden, das sehr viel zu bieten hat mit seiner atemberaubenden Natur aber auch den Städten und den unfassbar lieben Menschen. Das war sicherlich nicht mein letztes Mal in Schweden und im Gästehaus der Birgittenschwestern!

Jana

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