Die Zeit, sie fliegt einfach - mein Praktikum in Kopenhagen

Noah Leo Werner bei der Zeugnisvergabe der 9. Klasse (Foto: privat)
Noah Leo Werner bei der Zeugnisvergabe der 9. Klasse (Foto: privat)

Den Satz "Tiden flyver bare" (Die Zeit, sie fliegt einfach)  brachte ich in der letzten Zeit wiederholt mit viel Wehmut über die Lippen, als ich widerwillig einsehen musste, dass mein Jahr in Kopenhagen sich langsam dem Ende neigte.

 

Unter vielen Tränen galt es für mich nun von Umgebung, Freund:innen und liebgewonnenen Kolleg:innen Abschied zu nehmen, auch wenn meine Betonung immer darauf lag, dass dies kein "farvel", sondern nur ein "på gensyn" sei.

Denn eins war mir nach diesem wunderbaren Jahr gewiss: Ich komme zurück!

 

Ein typischer Morgen

Wenn morgens um sieben Uhr mein Handywecker klingelt, so ärgere ich mich wieder einmal darüber, am Vorabend nicht pünktlicher ins Bett gegangen zu sein.

Ich hieve mich aus dem Bett, trotte zum Badezimmer, wo ich mir beim Zähneputzen die Sandmännchen aus den Augen kratze.

Später in der Küche angekommen, wartet dort nicht nur mein overnight porridge im Kühlschrank auf mich, sondern auch Raquel, eine meiner Mitbewohner:innen, die definitiv bessere Laune am Morgen hat als ich der Morgenmuffel. Obwohl ich gerne eine Weile länger mit ihr quatschen würde, sitzt mir die Zeit im Nacken. In zehn Minuten muss ich auf dem Fahrrad Richtung Svanemøllen sitzen. Von dort aus fährt nämlich meine S-Bahn nach Lyngby, dem Ort, wo meine Arbeit liegt. Mit Musik oder später auch dänischen Podcasts in den Ohren, fahre ich bei Wind und Wetter mehr oder weniger gut ausgerüstet zur S-Bahnstation. Mein Blick schweift die breiten Straßen. Ich schaue in die Gesichter der Menschen, in Wohnungsfenster und freue mich, diesen Arbeitsweg meinen Alltag nennen zu dürfen.

Einsatzstelle Schule

Als dann in der Bahn "Lyngby", einer kleineren Stadt im Norden von Kopenhagen, durch den Lautsprecher ertönt, ziehe ich mein Fahrrad aus dem Fahrradhalter und bewege mich zum Ausgang. Ich checke mich mit meiner "rejsekort" (Reisekarte) am Schalter aus und fahre die letzten Meter durch den Ortskern, der mich ein wenig an manche Ecken meiner kleinen Heimatstadt erinnert. Beim großen Fahrradständer vor der Schule parke ich mein Fahrrad, setze meine Kopfhörer ab und bewege mich direkt zu den "kleinen Schmetterlingen", der Vorschulklasse, in der ich den Vormittag bis zur Mittagspause verbringen werde. Auf dem kurzen Weg über den Schulhof kommen mir die ersten Kinder schon entgegen, sagen "Hallo" und gemeinsam gehen wir nach oben in den Klassenraum, wo Estrid und Julie, meine beiden Kolleginnen, schon fleißig die Morgenblätter zum Ausmalen auslegen. Ich ziehe meine Jacke aus, lege mein "madpakke" (Brotdose) in den Gemeinschaftskühlschrank, die Glocke klingelt und der Arbeitstag beginnt.

Frühjahrsdeko in der Kindergartenklasse.
Frühjahrsdeko in der Kindergartenklasse.

Als dann in der Bahn "Lyngby", einer kleineren Stadt im Norden von Kopenhagen, durch den Lautsprecher ertönt, ziehe ich mein Fahrrad aus dem Fahrradhalter und bewege mich zum Ausgang. Ich checke mich mit meiner "rejsekort" (Reisekarte) am Schalter aus und fahre die letzten Meter durch den Ortskern, der mich ein wenig an manche Ecken meiner kleinen Heimatstadt erinnert. Beim großen Fahrradständer vor der Schule parke ich mein Fahrrad, setze meine Kopfhörer ab und bewege mich direkt zu den "kleinen Schmetterlingen", der Vorschulklasse, in der ich den Vormittag bis zur Mittagspause verbringen werde.

 

Auf dem kurzen Weg über den Schulhof kommen mir die ersten Kinder schon entgegen, sagen "Hallo" und gemeinsam gehen wir nach oben in den Klassenraum, wo Estrid und Julie, meine beiden Kolleginnen, schon fleißig die Morgenblätter zum Ausmalen auslegen. Ich ziehe meine Jacke aus, lege mein "madpakke" (Brotdose) in den Gemeinschaftskühlschrank, die Glocke klingelt und der Arbeitstag beginnt.

Mein neues Zuhause

Zusammen mit plus minus sieben weiteren Mitbewohner:innen lebte ich in einem Studentenwohnheim auf Østerbro, einem der Kopenhagener Brückenstadtteile unweit der Innenstadt. Was mich dabei großartig erwarten würde, wusste ich nicht. Was sich alles zu anfangs so neu und fremd angefühlt hatte, wurde am Ende jedoch zu meinem neuen Zuhause und meine Mitbewohner:innen zu meinen Freund:innen. Besonders mit meinen portugiesischen Freundinnen, die zur selben Zeit an der Uni anfingen, ging ich durch dick und dünn. Gemeinsam kämpften wir uns durch den dänischen Bürokratie-Dschungel, warteten auf unsere Personennummern, fluchten über unsere Bank oder genossen einfach unsere Zeit in Parks, Cafés, am Strand oder in der Bar, wo sie abends oft gearbeitet haben.

Meine Einsatzstellen

Wie bereits oben angeschnitten, verbrachte ich viele meiner Arbeitsstunden an der "Sankt Knud Lavard Skole" in Lyngby. Dabei handelt es sich um eine katholische, private "grundskole", die in Dänemark üblicherweise von der 0. Klasse, der Kindergartenklasse, bis zur 9. Klasse geht.

Vormittags assistierte ich viel in dieser sogenannten "børnehaveklasse", die in Deutschland einer Vorschulklasse gleichen würde. Zusammen mit Estrid und Julie galt es den Kindern innerhalb eines Jahres die ersten Grundlagen der Mathematik und das dänische Alphabet beizubringen, damit sie im nächsten Sommer fit in die erste Klasse starten können.

Trotz straffen Lehrplanes, blieb dabei jedoch viel Zeit für Themenwochen, Feste und Spielstunden übrig. In Erinnerung bleiben mir dabei viele besondere Ereignisse wie z.B. die Fischwoche im Herbst, während der die Kinder Fische zusammen mit einem Meeresbiologen aus Kopenhagen sezieren durften, die Musikwoche, in der wir jeden Tag ein neues Lied gelernt haben (die Dän:innen lieben es zu singen), das Santa Lucia Fest, dass trotz schwedischer Wurzeln auch in Dänemark gefeiert wird, Karneval oder der letzte Schultag der neunten Klasse, an dem die ganze Schule an einer Wasserschlacht teilgenommen hat.

Aus dem "kalten Wasser" lernen

Rückblickend hat mir das Jahr in der Kindergartenklasse einen tiefen Einblick in den dänischen Alltag, die dänische Kultur und nicht desto minder in die dänische Sprache gegeben. Für mich war es ein großes Geschenk, mit Kindern zusammengesetzt worden zu sein, mit denen ich gezwungener Maße Dänisch reden musste, da sie weder meine Muttersprache noch Englisch sprachen. Ich habe mit ihnen zusammen ihre eigene Sprache von Grund auf erlernt und versucht, mein Erlerntes jedes Mal beim Sprechen mit ihnen im Alltag zu üben. Dieser Wurf ins kalte Wasser hat mir enorm geholfen, um bei den Kindern als Praktikant aber auch persönlich anerkannt zu werden.

Unterricht mal digital

Nach der Mittagspause um 12 Uhr ging es für mich nach Stundenplan weiter mit Lehrerin Monica in verschiedene Deutschklassen der oberen Stufen sieben bis neun. Dort erlebte ich den Deutschunterricht, wie ich ihn auch von meinem eigenen Sprachunterricht aus der Mittelstufe des Gymnasiums kenne. Größter Unterschied jedoch: Alles war digital. Zettel und Hefte waren Mangelware, Bücher nur als E-books auf dem Laptop erhältlich. Dies hielt ich meinen deutschen Freund:innen und meiner Familie gerne vor Augen, jedes Mal, wenn wir über Deutschlands Digital-Wüste sprachen. Gleichzeitig vermisste ich jedoch auch, dass die Schüler:innen Sachen niederschrieben, ein ordentliches Heft und Mappe führten, da durch den Computer oftmals Sachen verloren gingen und ich damals in der Schule gelernt hatte, dass nur auf Papier Niedergeschriebenes wirklich im Kopf hängen bleibe.

Neue Freundschaften

Noah Leo Werner hat mit Lehrerin Monica einige Ausflüge unternommen. (Foto: privat)
Noah Leo Werner hat mit Lehrerin Monica einige Ausflüge unternommen. (Foto: privat)

Monica wuchs nicht nur mir schnell ans Herz, sondern war auch bei den Schüler:innen sehr beliebt. Mit ihrer herzlichen und manchmal auch durch den Wind gewehten Art, brachte sie Spaß in den Deutschunterricht. Sie versuchte immer mit viel Realitätsbezug Deutsch so zu vermitteln, dass die Schüler:innen einen Sinn darin sehen konnten und kümmerte sich auch sehr um ihre persönlichen Anliegen. Denn wer weiß schon, wo man am Ende landet? Vor einigen Jahre hätte ich mir auch nicht vorstellen können, eines Tages Dänisch zu lernen.

Mithilfe meiner Anwesenheit und meines sprachlichen Inputs, hoffe ich, ihr dabei geholfen zu haben. Wenn ich jedenfalls für etwas in Erinnerung bleibe, so habe ich es in den kleinen Abschiedsbriefen der Schüler:innen gelesen. Dann ist es dafür, dass sie niemals "google translate", sondern alleinig "abc ordbog" benutzen dürfen, was mich und Monica zum Lachen brachte.

 

Eine weitere Einsatzstelle

Neben der Schule war ich auch Teil der DUK, der Gruppe junger Katholiken in Dänemark. Zusammen mit anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus dem ganzen Land nahm ich an kleinen Lagern teil, die in ihrem Zentrum in Ømborgen, einem größeren Haus an einem See im Herzen Jütlands, stattfanden.

 

Freizeitaktivitäten

Nach der Arbeit versuchte ich, meine neue Heimat so gut wie möglich zu erkunden. Anfangs gestaltete sich dies noch viel über Fahrradfahren und Spazierengehen durch die neue Stadt. Danach ging es mehr darum, sich einen wirklichen Alltag aufzubauen.

Da ich in Deutschland viel Leichtathletik getrieben hatte, schrieb ich mich kurzerhand unweit von meinem Zuhause auch in Kopenhagen in einen neuen Verein ein. Direkt am großen Fælledparken lag mein Stadion, in dem ich ein bis zwei Mal die Woche beim KIF trainierte.

Dazu habe ich mich auch freiwillig bei LGBT Danmark engagiert, wo ich mit zwei Hand voll anderen Leuten in meinem Alter einen Treffpunkt geschaffen haben, zu dem andere junge queere Erwachsene sich zu Spiel, Snacks, Workshops und hygge zusammentreffen konnten.

Temporär nahm auch mein Dänischkurs in der Woche einige Zeit ein. Dank ihm habe ich mich nicht nur im Schriftlichen verbessert, sondern auch tolle Freunde kennengelernt.

 

Dass das, mit den neuen Freundschaften am Anfang gar nicht so einfach war, wie man es sich vielleicht erhofft, ging für mich auch irgendwann auf, besonders, wenn man allein in einer Einsatzstelle ist. Wenn ich jedoch jetzt zurückblicke, so habe ich über viele verschiedene und auch verrückte Wege meine jetzigen Freund:innen kennen und lieben gelernt.

"Ich komme zurück!"

Blumen zum Abschied.
Blumen zum Abschied.

Obwohl ich immer versuche, meine Erwartungen für neue Dinge so gering wie möglich zu halten, kann ich rückblickend behaupten, dass mein Auslandsjahr in Dänemark Erwartungen erfüllt hat, die ich mir zuvor nicht einmal erhofft hatte.

Ich habe einen tiefen Einblick in ein neues Land und eine neue Kultur erhalten, der mein Verständnis von der Welt, um eine weitere Perspektive bereichert hat. Ich habe eine neue Sprache erlernt, über die ich das Land natürlich nochmal ganz anders wahrgenommen, Freundschaften geschlossen und sogar am Ende ein Studienplatz angeboten bekommen habe.

Obwohl mich mein Weg in den nächsten Jahren erst einmal wieder woanders hinführen wird, bin ich mir sicher zurückzukommen! Kopenhagen, meinen Freund:innen und Bekannten zuliebe.

Noah

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