Ich glaube, mittlerweile haben alle mitbekommen, dass Schweden einen etwas anderen Kurs als alle anderen Länder fährt. Daher sei an dieser Stelle nur noch hinzugefügt, dass es hier große Unterschiede zwischen den Regionen gibt. In Stockholm hat mittlerweile vieles geschlossen, ganz Gamla Stan (Altstadt), also der Touri-Hotspot, ist wie ausgestorben. Einige Cafés haben noch offen, dazu gibt es aber strenge Auflagen unter welchen Bedingungen die Lokalitäten offen haben dürfen. Dazu wird hier in Stockholm streng kontrolliert, ob die Maßstäbe (Abstand, kein Verzehr an der Bar u.ä.) eingehalten werden – wer sich nicht daran hält, dem wird der Betrieb verboten. Da auch keine Pandemie es schafft, die Stockholmer*innen im Frühling in ihren Häusern zu behalten, sind viele draußen und spazieren in kleinen Gruppen, immer mehr sieht man mit Masken. Da es hier aber circa 30.000 unvergleichlich schöne Spazierwege gibt, verläuft sich das ganz gut.
Tja, ich habe Glück.
Von meinen vier festen Einsatzstellen (das Caritasprojekt "Mötesplats", die englische Katechese, der Buchladen und die Studierendengemeinde) haben drei den Betrieb bis auf Weiteres eingestellt, der Buchladen hat aber noch offen. So habe ich dort die Möglichkeit, so oft und viel ich will zu arbeiten und erarbeite jede Woche mit meinem Chef Pecka neue Konzepte, um den stark einbrechenden Umsatz irgendwie zu steigern. Meine Medienkompetenz ist maximal gefragt 😉. Mit meiner Einsatzstelle im Allgemeinen – der Gemeinde St. Eugenia – macht die Pandemie viel. Die Gottesdienste finden nicht mehr öffentlich statt, der Großteil des Gemeindelebens ist eingestellt. Nichtsdestotrotz ist hier, im Zentrum der schwedischen Hauptstadt, immer etwas los und viele Menschen nutzen die offene Kirche weiterhin für ein privates Gebet. Trotzdem fehlt mir der Rummel. Gerade sonntags ist hier sonst immer irgendwie Halligalli, davon lässt sich im Moment nur träumen. Mir fehlt der Lärm unten auf dem Kirchplatz und meine Firmkinder aus der Katechese. Viele hier trifft das Gottesdienstverbot wirklich hart und so scheint die Stimmung gedrückt, aber wir machen das Beste daraus und in meiner jesuitischen Hausgemeinschaft herrscht weiterhin gute Stimmung.
Gute Frage. Nach anfänglicher wirklich lauter Frustration über abgesagte Konzerte, geplante Partys, Pläne für meinen anstehenden Geburtstag und einen irgendwie traurig scheinenden kommenden schwedischen Sommer, habe ich mich, glaube ich, mittlerweile ganz gut in die neuen Umstände hineingefunden. Mir fehlt vor allem die Arbeit bei der Caritas schrecklich und der Gedanke, mich dort von vielen liebgewonnen Schützlingen vielleicht nicht mal mehr verabschieden zu können, tut weh. Mein Tanzkurs ist eingestellt, auch das macht mich traurig. Mir fehlt das ständige Kennenlernen von neuen Leuten und die Aussicht auf ein Midsommarfest ist auch eher nicht vorhanden. Aber so ist es. Ich bin hier und mir geht es gut. "Meine" Jesuiten sorgen sich sehr fürsorglich um ihre deutsche Praktikantin und ich habe hier in Schweden noch mehr Freiheiten als in vielen anderen Ländern. Daher bin ich sehr dankbar, weiterhin hier bleiben zu dürfen, liebes Bonifatiuswerkteam – das sei an dieser Stelle nochmal sehr deutlich betont. Eure Unterstützung ist wirklich einzigartig! Und ich für mich persönlich stelle im Moment jeden Tag fest: Es gibt auf der Welt vermutlich wirklich wenig Schöneres als den Stockholmer Frühling und den macht kein Virus der Welt kaputt! Alles blüht, die Tage werden merklich länger, die Sonnenuntergänge sind atemberaubend schön und ich kann mich an dieser Stadt einfach nicht sattsehen. Solange ich also noch raus und spazieren gehen kann, geht’s mir den Umständen entsprechend bestens.