Du alter, du freier, du gebirgiger Norden, du Stiller, du freudenreicher Schöner! Mit den Worten der schwedischen Nationalhymne möchte ich meinen Abschlussbericht über meine 10 Monate in Schweden beginnen. Nun liegt meine Zeit in Schweden hinter mir und ich bin sehr dankbar, 10 Monate in diesem wunderschönen Land verbracht zu haben. Während meiner Zeit habe ich viele schöne Momente erlebt, manche weniger schöne Momente, viele Menschen kennengelernt und ganz viele neue Erfahrungen gemacht.
Meine Einsatzstelle: Das Newmaninstitut
Zwei Tagen in der Woche war meine Einsatzstelle das Newmaninstitut in Uppsala. Montags begann der Tag mit der „Mondagsmöte“. Das ist die Montagsbe-sprechung aller Mitarbeitenden des Newmaninstituts, bei der über die Aufgaben, die in der nächsten Woche anstehen, und das Wochenende gesprochen wird. Auch ich durfte immer etwas auf Schwedisch erzählen, was alle Mitarbeitenden des Newmans sehr freute. Wenn in der Woche ein Geburtstag anstand, wurde der Geburtstag bei der „Mondagsmöte“ gefeiert und es war die Aufgabe der Praktikantinnen eine Torte zu kaufen. Das war natürlich eine der schönsten Aufgaben am Newmaninstitut, da man selbst seine Lieblingstorte aussuchen konnte.
Nach der „Mondagsmöte“ ging es meist mit den alltäglichen Aufgaben wie Gästezimmer vorbereiten und Blumengießen weiter. Jedoch war eigentlich kein Tag am Newman alltäglich, da es ständig neue Anfragen und Aufgaben gab. Obwohl es manchmal etwas anstrengend war, da man nie genau wusste, was auf einen zukommen wird, wurde die Arbeit am Newmaninstitut nie langweilig. So organisierten Pauline, die andere Praktikantin und ich die Blumendekoration für eine große Konferenz Anfang September, bereiteten die Weihnachtsfeier vor, tätigten zahlreiche Einkäufe, holten Elchfleisch bei einem Bauern ab, räumten das Archiv auf und noch viele kleinere und größere Aufgaben mehr. Eine besondere Aufgabe war, dass wir uns auch um das Ferienhaus des Newmaninstituts Marieudd gekümmert haben und besonders während der Coronazeit manchmal auch einfach nur zum Entspannen dort hingefahren sind.
St. Eriks Katolska Förskolan
An den anderen drei Tagen hieß es für mich früh aufstehen, damit ich pünktlich um 7:20 Uhr
mit dem Pendeltåg nach Stockholm zur katholischen Schule & Kindergarten St. Erik fahren konnte. Vor allen Dingen in den Wintermonaten war aber die Pünktlichkeit des Zuges nicht so zuverlässig, da es des Öfteren Signalfehler oder jegliche andere Störungen gab.
In den ersten vier Monaten meiner Zeit in Schweden war ich in der Gruppe mit den unter dreijährigen Kindern eingesetzt. Da die Kinder in dieser Gruppe kein oder nur wenig Schwedisch sprachen, war der Einstieg für mich leichter und ich konnte schnell ein paar Standardsätze wie „Kasta inte inte sand!“ (Wirf nicht mit dem Sand!) und „Gå tvätta händerna“ (Geh Händewaschen!). Ich unterstütze die Erzieherinnen Daisy, Frida und Nilanan bei verschiedenen Aktivitäten wie z.B Ausflüge, half aber auch den Kindern bei den Mahlzeiten und bei der Körperhygiene. Ein sehr schönes Erlebnis war die Luciafeier mit den Eltern, für die wir mit den Kindern einige Lieder einstudierten. Ein sehr großer Vorteil an meiner Arbeit im Kindergarten war, dass ich sehr viel über schwedische Feste und Traditionen gelernt habe.
Ab Januar war ich in der Gruppe mit den Kindern zwischen drei und sechs Jahren eingesetzt. Da ich zu diesem Zeitpunkt schon deutlich besser Schwedisch konnte, war es für mich kein Problem, mich mit den Kindern und Erzieherinnen Monica, Marina, Vajira und Elisabeth zu verständigen. Ein Highlight für mich war der Ausflug ins Naturhistoriska Riksmuseet mit den Kindern. In den letzten Monaten half ich bei krankheitsbedingten Ausfällen auch gerne spontan bei den unter Dreijährigen mit. Die Arbeit im Kindergarten hatte zwar eine gewisse Routine, war jedoch nie gleich, da auf jedes Kind individuell eingegangen werden musste. Es war spannend zu sehen, wie sich die Kinder über die 10 Monate weiterentwickelt haben.
Chor, Studentengruppe und Ausflüge
Der Dienstagabend war ein Highlight meiner Woche, da an diesem Abend die Proben meines Gospelchors „God Tunes“ stattfanden. Das Singen im Chor brachte gute Laune, was vor allen in den Wintermonaten die Dunkelheit vergessen ließ. Durch den Chor habe ich schnell viele nette Leute kennengelernt und Freundschaften geschlossen. Viele Mitglieder des Chores waren Schweden, aber es gab auch einige ausländische Studierende, sodass während der Proben ein lustiger Mix aus Englisch und Schwedisch gesprochen wurde. Mit dem Chor hatte ich auch ein Konzert an Weihnachten und am Semladåg. Der Semladåg ist der letzte Tag vor Beginn der Fastenzeit und an diesem Tag werden, meiner Meinung nach etwas windbeutel-ähnliche Gebäckstücke, gegessen.
Donnerstags besuchte ich oft die katholische Studentengruppe in St. Lars und kam somit mit katholischen jungen Erwachsenen aus aller Welt in Kontakt. An den Wochenenden machten Pauline und ich gerne Ausflüge in die Natur rund um Uppsala herum oder genossen es einfach am Fluss Fyris, der durch Uppsala fließt, zu sitzen. Ein Highlight war im Sommer auch die wunderschönen Sonnenuntergänge in Uppsala vom Schlossberg zu betrachten.
Besuch der anderen Praktikanten
In der ersten Hälfte des Praktikums hatte ich die Gelegenheit einige Reisen innerhalb und außerhalb von Schweden zu unternehmen. So fuhren Pauline und ich ein paar Mal nach Vadstena um die Praktikantinnen dort zu besuchen. Im Januar fuhren wir zusammen nach Rättvik, in der Hoffnung den nicht vorhandenen Schnee in Uppsala etwas weiter nördlich zu finden. Doch vergebens, stattdessen konnten wir bei strahlendem Sonnenschein am Ufer des Siljasees spazieren gehen. Im Februar fuhr ich mit Catalina einige Tage nach Riga, um die dortigen Praktikantinnen und Praktikanten wiederzusehen. Schnell stellten wir fest wie kontrastreich und anders Lettland im Vergleich zu Schweden ist. Dank den sehr guten Rigaführerinnen Emelie und Anni konnten wir einige nicht so bekannte Ecken und viele leckere lettische Spezialitäten kennenlernen.
Reisen in Corona-Zeiten
Ab Mitte Juni konnten wir dank der nicht so strengen Regeln der schwedischen Regierung im Bezug auf den Coronavirus noch zwei Wochenendtrips innerhalb von Schweden unternehmen. An einem Wochenende fuhren Pauline und ich zusammen mit Ricarda an der Ostküste entlang immer weiter Richtung Norden bis wir schließlich die Region Höga Kusten (Steilküste) erreichte. Wir durchwanderten den Skulleskogen Nationalpark und hatten eine beeindruckende Aussicht auf das Meer. Die hellen Nächte verbrachten wir auf verschiedenen Zeltplätzen, wo zumindest ich von Mückenscharen zerstochen wurde.
Weihnachten in Vadstena und Silvester in Tallin
Unsere längste Reise führte uns an Weihnachten zuerst nach Vadstena, um dort mit den Praktikantinnen aus Kopenhagen, Oslo, Tartu und natürlich Vadstena Weihnachten zu feiern. Mich wundert es noch immer, wie wir neun Mädchen es geschafft haben komplett ohne großen Streit und großes Chaos die Weihnachtstage dort zu verbringen. Ein großes Dankeschön gilt an dieser Stelle auch der großen Gastfreundschaft der Birgittaschwestern, die es uns ermöglicht haben, sogar mit einem echten Tannenbaum, bei ihnen Weihnachten zu feiern.
Nach ein paar Tagen ging es dann zurück nach Stockholm, um dort auf die Fähre nach Tallinn zu steigen. In Tallinn übernachteten wir bei der deutsch-lutherischen Gemeinde. An Silvester machten wir uns kurz vor 12 auf, um in die obere Altstadt, die etwas erhöht liegt zu laufen. Von hier hatten wir einen wahnsinnig tollen Blick auf das Feuerwerk in der Stadt und konnten das neue Jahr begrüßen. Dank Alex, die uns immer vorschwärmte wie schön Tartu doch sei, entschlossen wir uns an unserem letzten Tag in Estland spontan einen Ausflug nach Tartu zu unternehmen. Dort zeigte uns Alex ihre Einsatzstelle und führte uns durch die Stadt inklusive Ausflug in das angeblich beste Café Estlands: das Café Werner. Am Ende dieser Reise waren wir uns einig, Alex hatte nicht übertrieben, wenn sie immer von Estland schwärmte.
Austausch und gegenseitige Besuche
Natürlich besuchte ich nicht nur Einsatzstellen von der anderen Praktikant*innen, sondern bekam auch Besuch in Uppsala. So bekamen Pauline und ich direkt im September Besuch aus Vadstena. Im November dann aus Kopenhagen und im Februar besuchten uns die Jungs aus Bergen. Mit Philipp, Lasse und Thomas machten Pauline und ich sogar einen Ausflug auf die Ålandinseln. Die Ålandinseln, auf denen Schwedisch gesprochen wird, liegen zwischen Schweden und Finnland, sind aber finnisches Staatsgebiet. Doch das schönste an den Besuchen war, dass man sich mit den anderen Praktikant*innen über seine Erlebnisse austauschen konnte und ihnen die Stadt und die Einsatzstellen zeigen konnte.
Schwedisch lernen
Bereits vor meinem Schwedenaufenthalt habe ich in einem kleinen Volkshochschulkurs die
ersten schwedischen Sätze gelernt. Somit fiel mir der Einstieg ins richtige Schwedisch lernen in Uppsala deutlich einfacher und ich konnte schon in der ersten Woche mir ein Stück Kuchen im Café bestellen. Doch das meiste Schwedisch habe ich definitiv in der Förskola gelernt, indem ich von Anfang an versucht habe, Schwedisch mit den Erzieherinnen und Kindern zu sprechen. So wurde mein Schwedisch immer besser und nach ein paar Wochen konnte ich auf die interessierten Fragen der Erzieherinnen auch antworten. Zusätzlich besuchten Pauline und ich in den Wintermonaten an zwei Tagen der Woche einen Schwedisch Kurs in Uppsala, den wir ab März online weiterführten.
Midsommar und all die schönen Feste und Traditionen in Schweden
Am meisten in Erinnerung bleiben werden mir wahrscheinlich auch die schwedischen Feste und Traditionen. Denn es gibt so einige Feste, die in Deutschland nicht oder anders gefeiert werden. Ein sehr schönes Erlebnis war das Luciakonzert im Dom von Uppsala. Im nur von Kerzenlicht erhellten Dom verspürte man eine sehr stimmungsvolle und weihnachtliche Atmosphäre. Ein weiteres schönes Fest war Midsommar am Ende meiner Zeit in Schweden.
Zusammen mit Friederike verbrachten Pauline, Ricarda und ich das Midsommarwochenende
in Västergötland in einem typischen schwedischen Ferienhaus. Am Midsommarafton sammelten wir natürlich die sieben verschiedenen Blumen und legten sie unter unser Kopfkissen. Nur an unsere Träume konnten wir uns am Morgen nicht erinnern.
Corona und mein Praktikum
Auch meine Zeit in Schweden hat sich durch den Ausbruch des Coronavirus ziemlich verändert. Meine Hobbys fanden nicht mehr statt, der Vorlesungsbetrieb am Newmaninstitut wurde eingestellt und größere Veranstaltungen, auf die ich mich sehr gefreut hatte, wie zum Beispiel Valborg (Walpurgis) fanden nicht mehr statt. Auch unsere geplante Reise nach Norwegen und der Besuch meiner Eltern waren leider nicht möglich. Dennoch hatte ich durch die lockeren Beschränkungen der schwedischen Regierungen sehr viele Freiheiten und konnte weiter im Kindergarten arbeiten und auch viele Ausflüge in die Natur unternehmen. Ende Juni war es sogar für Pauline und mich möglich, ein verlängertes Wochenende nach Gotland zu fahren. Ich bin sehr dankbar, dass es uns von Seiten des Bonifatiuswerkes ermöglicht wurde das „Praktikum im Norden“ weiterzuführen und ich meine Zeit in Schweden nicht abbrechen musste.
Zurück in Deutschland
Jetzt, nachdem ich wieder in Deutschland angekommen bin, blicke ich mit großer Zufriedenheit auf meine 10 Monate in Schweden zurück und bin sehr dankbar, dass ich die
Möglichkeit hatte ein neues Land und eine neue Sprache kennenzulernen. Ich denke, während meiner Zeit in Schweden konnte ich mich persönlich weiterentwickeln und viele neue Dinge auszuprobieren. Vielen Dank auch an alle PINler des Jahrgangs 19/20, die die Zeit auch zu etwas ganz Besonderem gemacht haben.