In der Zeit vor meinem Praktikum und auch währenddessen wurde ich immer wieder gefragt: "Warum Schweden?" Doch ich hatte nie eine klare Antwort auf diese Frage parat. Vor meinem PIN war ich, im Gegensatz zu vielen meiner Mitpraktikant-innen, bis auf eine Zwischenübernachtung auf der Durchreise noch nie in Schweden und konnte nur erahnen, was es mit dem Schweden-Hype auf sich hat. Nach dem Abitur wollte ich ein fremdes Land und dessen Kultur entdecken, neue Menschen kennenlernen, meine Komfortzone verlassen. Doch eigentlich war es eher ein Gefühl, was mich nach Schweden gebracht hat. Nach 6 Monaten bin ich der Antwort auf die Frage etwas näher gekommen.
Hier in Vadstena wohnen und arbeiten wir im Gästehaus. Demnach findet hier auch ein Großteil unseres Alltags statt. Um trotzdem auch Leute außerhalb des Gästehauses und der Gemeinde kennenzulernen, haben wir uns am Anfang alle Hobbys gesucht.
Ich habe im lokalen Handballverein gespielt. Dem VHF. Dort habe ich zweimal die Woche trainiert und konnte sogar bei einigen Punktspielen mitspielen. Ich wurde auch bei Team-Aktionen integriert und zu Teampartys eingeladen.
Nach dem Ende der Saison begann leider erstmal die Sommerpause, die sich hin zu meiner Abreise erstreckt. Und während die anderen beiden im Chor singen und im Orchester spielen, stand ich dann wieder ohne Hobby da.
Während man in Deutschland am 30. April "Tanz in den Mai" feiert, wird in Schweden an diesem Tag (oder besser gesagt Abend) Walpurgisnacht gefeiert.
Auch in Vadstena. Natürlich konnten wir uns das nicht entgehen lassen.
Zunächst hat das Blasorchester auf dem Rathausplatz gespielt und dann sind alle Leute, das Blasorchester vorn voraus, in einem Umzug zum Schloss gegangen. Vor dem Wasa-Schloss am See war dann ein (semi)großes Feuer und ein Chor hat gesungen. Viele Leute waren da und nach 9 Monaten in Vadstena hat man auch einige bekannte Gesichter gesehen.
Seit acht Monaten bin ich jetzt in Schweden in meiner Einsatzstelle Marielund. Im letzten Monat April, hat sich nochmal einiges getan. Man merkt immer mehr, dass die Tage deutlich länger werden. Helligkeitsstundenmäßig gesehen, haben wir jetzt Deutschland schon überholt. Mit einem Blick auf die Uhr sich abends zu vergewissern, dass es wirklich schon Zeit zum Abendessen ist, auch wenn es noch hell draußen ist. Morgens um fünf Uhr aufzuwachen, weil es draußen hell wird, und sich wieder schlafen zu legen. Die 16 Sonnenstunden am Tag machen sich bemerkbar und werden natürlich genutzt.
Mit dem Verlieben ist es so eine Sache: kann sehr schön sein, endet aber meistens tragisch. Und meistens hätte man es von Anfang an besser wissen können. Der französische Schriftsteller Honoré de Balzac sagte einmal: "Verliebtsein ist nur ein außerordentlicher Fall von freiwilliger Blindheit", und Nietzsche stimmt ihm zu: "Mitunter reicht schon eine stärkere Brille, um den Verliebten zu heilen."
Ich finde, sie haben recht. Und trotzdem gehöre ich zu den Menschen, die eine stärkere Brille brauchen – und das vollkommen freiwillig. Es gibt so Vieles, das ich an meinem Praktikumsland mag. Den Sonnenuntergang über Riga, Spaziergänge an der Daugava im Sonnenuntergang… aber eben auch bezahlbare Zugtickets, unglaublich viel Tee, und Kuchen! Nennt mir einen Praktikanten, der sich nicht direkt in Riga verliebt.
Seit Anfang des Jahres verbringe ich mein Praktikum im Gästehaus in Vadstena. In den vergangenen Monaten habe ich dabei einige Seiten von Vadstena kennengelernt. Besonders gut gefällt mir der See.
Vadstena liegt am zweitgrößten See Schwedens, dem Vättern-See. Das Gästehaus liegt direkt am See, sodass man vom Matsal (Speisesaal) eine gute Aussicht auf den See und abends auch auf den Sonnenuntergang hat. Auch den kleinen Leuchtturm kann man vom Gästehaus aus sehen. Im Laufe meiner Zeit hier habe ich den Eindruck bekommen, dass der See an keinem Tag genauso ist wie davor.